Von 1832 bis zum Mai 2022 ernannte die Stadt Leipzig 89 männliche Ehrenbürger.
Das empfinden wir als Vertreterinnen der AG Frauen*Projekte Leipzig als nicht wertschätzend den zahlreichen Frauen gegenüber, die sich ebenso „in herausragender Weise“ für diese Stadt verdient gemacht haben.
Leipzig ist eine Stadt, in der seit Anbeginn Frauen aktiv tätig waren und immer noch sind – einer Stadt, in der Frauen gesellschaftlich vieles mit-/angeschoben haben und „am Laufen halten“. Ein Sachverhalt, welcher kaum öffentlich gewürdigt wurde – und sich in o.g. Verleihungen des Ehrenbürger:innen-Rechts sehr deutlich spiegelt. Bezugnehmend auf unser Grundgesetz, Artikel 3 korreliert dieser gesellschaftspolitische Sachverhalt nicht mit den demokratischen Ansprüchen der Stadt Leipzig – sondern im Gegenteil: Es ist eine Verletzung des Anspruchs eines demokratischen Gemeinwesens.
Das Ehrenbürger:innen-Recht ist die höchste Auszeichnung der Stadt Leipzig. Verliehen wird es an natürliche, lebende Personen, die sich „in herausragender Weise um Mitmenschen, um das Gemeinwohl, um die Stadt Leipzig, ihr Ansehen oder ihre Entwicklung verdient gemacht haben.“
Der Vorschlag kann von jeder natürlichen oder juristischen Person/Verbänden eingereicht werden – und ist schriftlich an den/die Oberbürgermeister:in zu richten und muss hinreichend begründet sein.
Hier der Link auf Leipzig.de:
https://www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/unsere-stadt/auszeichnungen-und-ehrungen/leipziger-ehrenbuerger
Channa Gildoni
In diesem Kontext steht das feministisch zivilgesellschaftliche Handeln der AG Frauenprojekte Leipzig – in diesem und in den folgenden Monaten, Vorschläge zu unterbreiten für Frauen, die diese Würde verdient haben.
Um das starke Ungleichgewicht öffentlicher Würdigung, die Leistungen von Frauen betreffend, noch deutlicher sichtbar zu machen, schlägt die AG Frauenprojekte zudem parallel zu jeder aktuellen Einreichung der Ehrenbürger;innen-Würde eine weitere Frau vor, die diese Ehrung der Stadt Leipzig verdient hätte.
Die Einreichung der Vorschläge geschieht von 04-2023 – 03-2024.
Alle Vorgeschlagenen werden zu Beginn des Jahres 2024 zudem in einer Ausstellung in den Räumen des Soziokulturellen Zentrums Frauenkultur Leipzig gemeinsam vorgestellt und geehrt werden.
Vorschläge für die Verleihung der Ehrenbürger:innen-Würde der Stadt Leipzig:
Prof.in Dr.in Ilse Nagelschmidt
Ilse Nagelschmidt, geboren 1953 in Leipzig; promovierte nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Pädagogik 1983 über „Das Bild der Frau in der DDR-Literatur der fünfziger und sechziger Jahre“. Acht Jahre später habilitierte sie zu „Frauenliteratur der DDR – soziales und literarisches Bedingungsgefüge, Wesen und Erscheinungsformen – untersucht an epischen Werken der DDR-Literatur in den siebziger und achtziger Jahren“. 1996 wurde sie Professorin für Neueste deutsche Literatur an der Universität Leipzig. Sie forschte hauptsächlich zu DDR-Literatur und Deutsch-Deutscher Literatur nach 1989.
Von 1994 bis 2002 war Ilse Nagelschmidt Gleichstellungsbeauftragte der Universität Leipzig; bis 2010 Gleichstellungsbeauftragte der Philologischen Fakultät. Von 2002 bis 2004 war sie Leiterin der Leitstelle für Fragen der Gleichstellung von Frau und Mann im Sächsischen Staatsministerium für Soziales in Dresden. 2005 gründete sie das Zentrum für Frauen-und Geschlechterforschung der Universität Leipzig (FraGes), das sie als Direktorin bis 2018 leitete. Zusammen mit Prof.in Dr.in Barbara Drinck arbeitete sie an der Neugestaltung des Gender Glossars an der Universität Leipzig.
Ilse Nagelschmidt ist seit 2020 emeritierte Professorin. Mit ihrer Arbeit an der Universität Leipzig und auch darüber hinaus leistete sie jahrzehntelang Pionierarbeit und einen wichtigen Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter im akademischen Kontext, der bis heute Spuren im universitären Alltag hinterlässt.
(Bildquelle: Prof.in Dr.in Ilse Nagelschmidt, Gender Glossar https://www.gender-glossar.de/ueber-uns)
Rita Jorek
Rita Jorek, geboren 1935 in Berlin, studierte Publizistik, Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte in Leipzig und arbeitete hier als Redakteurin, freiberufliche Journalistin und Publizistin. Ihr Augenmerk galt stets den Künstlerinnen, die sich in Leipzig bewegten. So ist sie Herausgeberin der gesammelten Gedichte von Helga M. Novak und Mitherausgeberin eines Katalogs zum literarischen und publizistischen Schaffen von Louise Otto-Peters. Damit legte sie die Grundlage für weitere Forschungen. Seit 1985 forscht Rita Jorek intensiv zum Leben und Wirken Elsa Asenijeffs. Mit Vorträgen, Aufsätzen und als Mitherausgeberin einiger Werke sowie der GEDOK Ausstellung zum 140. Geburtstag der Künstlerin 2007, gelang es ihr, den Lebensweg Elsa Asenijeffs nach zu zeichnen und die vorherrschenden Klischees und Vorurteile über die Künstlerin in ein anderes Licht zu rücken sowie Verleumdungen aufzuzeigen. Damit würdigte sie auch ihren Einfluss auf die Arbeiten von Max Klinger. Diese Beispiele verdeutlichen die Leistungen Rita Joreks, Frauen vor dem Vergessen zu bewahren.
Von 1999 – 2009 war sie Vorsitzende der GEDOK Gruppe Leipzig/Sachsen e. V., engagierte sich im Bund Bildender Künstler, in der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft, im Freundeskreis des Museums für Angewandte Kunst, gründete den Freundeskreis Karl Krug mit und legt den Grundstein für die ISOLDE-HAMMSTIFTUNG.
„Nichts bleibt, wie es war, und viel Gewohntes und Liebgewordenes geht über Bord. Warum nicht auch jene das Unrecht konservierende Sprachformen, an denen höchstens der alte Heros/Held hängt, der sie etymologisch von Hera, der großen griechischen Göttin, herleitet.“
Zitat: Rita Jorek/ 1.9.2020 – zum Artikel „Es ist nicht egal, wie ich spreche“
vom 19.8.2020/Leipziger Volkszeitung
(Bildquelle: Rita Jorek in ihrem Arbeitszimmer, fotografiert von Nori Blume, 2022)
Elke Baier
Elke Baier ist Frauenbeauftragte der Linden-Werkstatt 1 für behinderte Menschen in Leipzig.
Elke Baier wurde am 1.Juni 1964 in Leipzig geboren.
Sie arbeitete in der DDR als Produktionsarbeiterin im Volkseigenen Betrieb (VEB) Roh- und Feinkartonagen in Leipzig.
Sie ist Mutter von vier erwachsenen Kindern und war alleinerziehend.
Seit 2002 arbeitet sie in den Linden-Werkstätten der Diakonie in Leipzig.
Zuerst in der Papier-Abteilung und jetzt in der Hauswirtschafts-Abteilung.
Elke Baier ist seit 2008 Frauenbeauftragte in der Linden-Werkstatt 1 für behinderte Menschen in Leipzig.
Sie ist eine der ersten Frauenbeauftragten in Werkstätten in Deutschland.
Seit 2017 muss es laut Gesetz Frauen-Beauftragte in jeder Werkstatt geben.
Die Aufgaben der Frauen-Beauftragten sind:
Der Schutz vor Gewalt von Frauen, die in der Werkstatt arbeiten.
Gleich-Stellung von Frauen und Männern in der Werkstatt.
Familie und Arbeit gut zusammen zu bringen.
Elke Baier hat viele Frauen beraten.
Sie hat mit ihnen überlegt, wo sie Hilfe holen und was in der Werkstatt verändert werden kann.
Elke Baier hat mit dem Verein „Weibernetz“ Frauen-Beauftragte und deren Unterstützerinnen ausgebildet.
Und sie hat das Netz-Werk „Starke.Frauen.Machen“ in Deutschland mit gegründet.
Seit vielen Jahren setzt sich Elke Baier für die Rechte von behinderten Frauen ein.
Das war ein langer und schwerer Weg.
Und sie hat für Frauen mit Behinderung viel erreicht.
Sie ist auch Prüferin für Leichte Sprache.
Dabei hilft sie Menschen, Texte gut zu verstehen.
Dieser Text ist in Leichter Sprache.
Nach den Regeln vom Netzwerk Leichte Sprache. (www.leichte-sprache.org)
Leichte Sprache verstehen Menschen mit Lernschwierigkeiten besser.
Leichte Sprache hilft auch Menschen, die eine andere Sprache als Mutter-Sprache haben.
Und Menschen, die Demenz-krank sind oder gerade sehr aufgeregt.
Der Text ist geprüft von Menschen mit Lern-Behinderung.
Geschrieben hat den Text Sabine Lubetzki. Sie arbeitet in der Bildung zu den Themen Gewalt-Schutz und Rechte von Frauen.
Gisela Kallenbach

Gisela Kallenbach, LTM, Lichtfest 2021, Workshop mit Zeitzeugen, Frauenkultur e.V.
Gisela Kallenbach ist eine vielfältig engagierte Leipziger Persönlichkeit seit den 198oer Jahren bis heute – mit unermüdlichem Engagement für Menschenrechte und Umweltschutz.
Gisela Kallenbach, geb. Knauf, geb. 1944, Dipl.-Ing (FH), 3 Kinder, 4 Enkelkinder; aufgewachsen in Naumburg/Saale; wegen Verweigerung der Jugendweihe Ausschluss vom Abitur; nach Abend- und Fernstudium Ingenieurabschluss, zudem Fachtextübersetzerin Englisch. Seit 1962 in Leipzig lebend.
Berufliche Entwicklung:
Zu DDR-Zeiten war sie Laborleiterin und Mitarbeiterin in wissenschaftlichen Einrichtungen, vorwiegend der Wasserwirtschaft; von September 1990 bis 1994 Persönliche Referentin des Dezernenten für Umwelt, Energie und Sport – und aktiv involviert in Projekte wie Eurocities. Sie war Mitglied im Umweltkomitee; im Klimabündnis; aktiv engagiert für die Sanierung des Karl-Heine-Kanals und die Entwicklung des Leipziger
Südraum; für die Neue Ufer- Freilegung der Flüsse in Leipzig etc.
1994 bis 2000 arbeitete sie als Referentin | Persönliche Referentin des Beigeordneten für Umwelt, Ordnung, Wohnen und aktiv als Ideen- und Stichwortgeberin für den Grüner Ring, die Lokale Agenda 21.
2000 bis 2003 übernahm sie bei einem Einsatz der UNMIK (UNO-Mission im Kosovo) die Position als Stellvertretende und Internationale Bürgermeisterin in der Stadt Peja/Pec.
2004 bis 2009 wirkte sie als Mitglied des Europäischen Parlamentes u.a. mit dem Schwerpunkt Stadt- und Regionalentwicklung; zudem war sie Berichterstatterin für die Leipzig Charta und wirkte als Wahlbeobachterin in Südosteuropa.
2009 bis 2014 war sie Mitglied des Sächsischen Landtages.
Gesellschaftliches Engagement:
Aufgrund der verheerenden Umweltsituation, insbesondere in und um Leipzig ab 1982 engagierte sich Gisela Kallenbach als Mitglied der Arbeitsgruppe Umweltschutz beim Jugendpfarramt Leipzig. Zudem war sie aktive Mitgestalterin der Friedensgebete in der Nikolaikirche seit 1984 – und beteiligt am Konziliaren Prozess 1987-1989 sowie in den 1990er Jahren.
Ihr Engagement im Umweltschutz im kirchlichen und beruflichen Umfeld sowie das Eintreten für elementare Menschenrechte führte 1983 zur Eröffnung einer „Operativen Personenkontrolle“ durch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Im November 1989 war sie Mitbegründerin des Umweltverbandes Ökolöwe. Im Dezember 1989 wurde sie Beauftragte für Umweltschutz beim Bürgerkomitee Leipzig sowie dessen Stellvertreterin beim Runden Tisch.
Im Mai 1990 wurde Gisela Kallenbach in die Leipziger Stadtverordnetenversammlung gewählt; Niederlegung des Mandates März 1991 wegen Arbeitsaufnahme in der Stadtverwaltung.
Sie war und ist aktiv in verschiedenen Vereinen und Organisationen:
1990 bis ca. 1995 Mitgründerin und Vorstandsmitglied Runder Tisch e.V.
1997 Gründungsmitglied Travnik e.V. (heute Städtepartnerschaftsverein)
2003 Gründungsmitglied und langjähriges Stiftungsratsmitglied bei Bürger für Leipzig
2008 bis heute Vorstandsmitglied im Bildungswerk Sachsen der Deutschen Gesellschaft e. V., sowie Mitglied im gleichnamigen Kuratorium auf Bundesebene
2009 Gründungsmitglied der Leipziger Denkmalstiftung, bis 2021 Mitglied im Kuratorium
2009 bis 2021 Präsidiumsmitglied, teils Vize-Präsidentin der Europäischen Bewegung Sachsen
2010 bis heute Vorsitzende Verein Synagoge und Begegnungszentrum Leipzig e.V.
2018 Mitinitiierung des „Aufruf 2019“ – für ein weltoffenes Leipzig; für ein demokratisches Sachsen, für ein friedliches Deutschland. Für ein geeintes Europa.
2019 bis heute Mitglied im Kuratorium Tag der Friedlichen Revolution
2001 Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande.
Gabi Edler
Gabi Edler, geboren am 15.03.1943, gründete 2003 den Verein Straßenkinder e.V. und unterstützt damit Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in krisenhaften Lebensabschnitten.
Die ursprüngliche Straßenbahnfahrerin engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für Menschen ohne Obdach, überwiegend Kinder und Jugendliche. „Straßenkinder“ sind in dieser Gesellschaft nicht vorgesehen – doch traumatisierende Erlebnisse in der Kindheit, Obdachlosigkeit und Armut sind Faktoren, die sich überschneidenden, gegenseitig verstärken – und dazu führen können, dass junge Menschen den „sozialen“ Rückhalt verlieren.
Was für Gabi Edler Anfang der 1990er Jahre zunächst als privates „Herzensthema“ begann, professionalisierte sich über viele Jahre zu einer [lebens-]wichtigen Anlauf- und Beratungsstelle in der Leipziger Rosa – Luxemburg – Straße 38 mit fünf Sozialarbeitenden sowie ehrenamtlichen Mit-arbeitenden, die es möglich machen, an 364 Tage im Jahr geöffnet zu haben.
Der Verein „Straßenkinder e.V.“ unter dem Motto: Helfen statt wegschauen wurde von Gabi Edler initiiert und gründete sich 2003. Anliegen des Vereins ist es Jugendliche und junge Erwachsene, die in Obdachlosigkeit leben bzw. von Obdachlosigkeit bedroht sind, zu unterstützen. Durch angebotene Hilfen wird ermöglicht, dass sie Perspektiven entwickeln können – einen Lebensweg zurück in sicheres Wohnen, Ausbildung und Arbeit.
Angeboten werden soziale Beratung, Freizeitgestaltung, Computertraining, Arbeitsprojekte mit dem Ziel der schulischen und beruflichen Wiedereingliederung, Aufsuchende und nachgehende Sozialarbeit sowie eine „physische und psychische“ Grundversorgung … anonym, kostenlos und vertraulich.
Am 10. Oktober 2014 wurde der Verein „Straßenkinder e.V.“ mit seiner Initiatorin Gabi Edler ausgezeichnet durch die Goldene Henne in der Kategorie Charity.
Immer wieder hat sich Gabi Edler engagiert und voller Empathie in der Öffentlichkeit für „ihre Kids“ eingesetzt; war oft selbst zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs; hat Jugendliche vor Ort aufgesucht, mit ihnen geredet, ihnen das Gefühl von Würde und Wichtigkeit und Einzigartigkeit vermittelt. Vielen von ihnen war dies die Brücke, über die sie gehen konnten in einen neuen Lebensabschnitt, der ihnen ein Ankommen in ein selbstbestimmtes Leben wieder ermöglicht(e).
Bildquelle: https://ahoi-leipzig.de/artikel/der-engel-von-leipzig-202/
Tupoka Ogette

Tupoka Ogette, deutsche Antirassismus-Trainerin, Bürgerrechtlerin, sowie Bestseller-Autorin. Sie arbeitet in der rassismuskritischen Bildungsarbeit. Bücher: Exit Racism
Tupoka Ogette – Trainerin, Beraterin zu Rassismuskritik, Autorin von „exit RACISM“ – setzt sich stetig ein für die Gleichstellung von Black, Indigenen und People of Color | BIPOC in unserer Gesellschaft. Sie zeigt institutionellen und strukturellen Rassismus im deutschsprachigen Raum auf und regt weiße Menschen an, ihre Privilegien zu erkennen, zu reflektieren und sich aktiv gegen Rassismus zu engagieren. Für ihre Arbeit wurde Tupoka Ogette 2019 als eine der 25 einflussreichsten Frauen des Jahres vom Magazin Edition F geehrt.
Tupoka Ogette, geboren 1980 in Leipzig, Tochter eines tansanischen Studenten der Landwirtschaft und einer deutschen Mathematikstudentin. Sie studierte Deutsch als Fremdsprache an der Universität Leipzig; zudem Magistra Afrikanistik, mit Schwerpunkt Politik und Wirtschaft Afrikas. An der Graduate School of Business in Grenoble, Frankreich, absolvierte sie von 2007 bis 2009 ihren Master in International Business. Danach übernahm sie an der Université Stendhal in Grenoble die Stelle der Lektorin beim Deutschen Akademischen Austauschdienst.
Tupoka Ogette arbeitet seit 2012 als selbständige Beraterin, Autorin und Rednerin. Sie lebt und arbeitet in Berlin als Antirassismus-Trainerin und Beraterin für Rassismus-Kritik. Gemeinsam mit ihrem Team gibt sie Workshops zu Rassismus sowohl in Unternehmen und Organisationen, bietet online Kurse für interessierte Personen bei der Tupokademie an. Über 1.000 Veranstaltungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich wurden in den letzten Jahren von ihr durchgeführt und sie gehört inzwischen zu den einflussreichsten Stimmen zu Rassismus-Kritik in diesen drei Ländern.
Als Autorin widmete sie sich erfolgreich diesem Thema. Im Jahre 2017 erschien ihr Buch „exit RACISM: rassismuskritisch denken lernen“. Es folgten in 2022 die Bücher „Und Jetzt Du. Rassismuskritisch leben“ und „Ein rassismuskritisches Alphabet“; sowie 2023 „Tag für Tag gegen Rassismus. Dein Journal“.
Von Spiegel Online wurde sie als eine von zehn Frauen in den Bildungskanon aufgenommen. Ihre Bücher „exit Racism“ und „Und Jetzt Du“ sind Spiegel Bestseller und wurden in die Lehre an Schulen und Universitäten aufgenommen.
Ihr Podcast #tupodcast – Gespräche unter Schwestern wurde geschaffen für Gespräche von Schwarzen Frauen* über das Überleben in weißen patriarchalen Mehrheitsgesellschaften und sensibilisiert für die Perspektiven und Erfahrungen afrodeutscher Frauen*.
Ihr Streben nach einer diversen und gerechteren Gesellschaft – in welcher Menschen nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religion diskriminiert werden – ist besonders bedeutend für die Stadt Leipzig, da diese im Jahre 2015 die Charta der Vielfalt unterzeichnete. Ein Tag, an dem jährlich auch in Leipzig Firmen, die Universität, Vereine und Initiativen Aktionen veranstalten, um Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Diversity in der Arbeitswelt voranzubringen.
„Sprechen über Rassismus ist wie ein Muskel, den wir als Gesellschaft trainieren müssen.“ Tupoka Ogette
Ebenso hätten die Ehrenbürger:innen-Würde verdient:
Prof.in Dr.in phil. habil. Eva Lips
Eva Lips (geboren am 6. Februar 1906 in Leipzig; gestorben am 24. Juli 1988 in Leipzig) war Ethnologin und die zweite Frau mit einer ordentlichen Professur an der Universität Leipzig. 1906 in Leipzig geboren, studierte sie ab 1928 Völkerkunde in Köln, Bonn, Paris und New York und beschäftigte sich vor allem mit der Erforschung der Ureinwohner:innen Nordamerikas. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Eva Lips und ihr Mann Julius Lips aufgrund ihrer Positionierung gegen den unverhüllten Rassismus in der Völkerkunde politisch verfolgt. Sie emigrierten 1934, nachdem ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, über Frankreich nach New York. Dort arbeitete Eva Lips als Assistentin von Julius Lips an verschiedenen Universitäten und Colleges in New York und Washington und hielt ebenso Vorlesungen. Beide forschten zusammen intensiv zu den Ureinwohner:innen Nordamerikas. Eva Lips und ihr Mann waren zudem engagiert antifaschistischen Widerstand.
1948 kehrten Eva und Julius Lips nach Leipzig zurück, wo Julius Lips die Geschäftsleitung des Instituts für Ethnologie übernahm. Nach seinem Tod 1950 wurde diese Aufgabe Eva Lips übertragen. Sie führte hier ihre eigene wissenschaftliche Karriere fort, promovierte und habilitierte zum Ojibwa-Stamm in Nordamerika. 1960 folgte schließlich ihre Berufung zur Professorin mit vollem Lehrauftrag, 1966 zur Professorin mit Lehrstuhl. Eva Lips starb 1988 im Alter von 82 Jahren.
Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit war Eva Lips bemüht, das vorherrschende klischeehafte Bild der Ureinwohner:innen zu korrigieren. So schrieb die Ethnologin zahlreiche populärwissenschaftliche Bücher über Native Americans. Mit ihren Veröffentlichungen, in denen sie unter anderem für Maßnahmen zum Erhalt des Weltkulturerbes plädierte oder gegen den Eurozentrismus intervenierte, wurde sie international bekannt.
(Bildquelle: Prof. Dr. phil. habil. Eva Lips, Universitätsarchiv Leipzig; mehr unter: https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/detailseite-frauenportraets/projekt/lips-eva-elisabeth-geborene-wiegandt)
Gerda Viecenz
Gerda Viecenz (geboren am 29. März 1944; gestorben am 13. November 2005 in Leipzig) war eine wichtige Förderin der bildenden Kunst in Leipzig.
Von 1997 – 2005 führte sie das ziemlich einmalige Leipziger Kunstkaufhaus in Leipzig. 1995 war sie (Mit)Begründerin des art Kapella Schkeuditz e.V.
Seit 1982 war sie im Leipziger Büro des Verbandes Bildender Künstler tätig. Dort kümmerte sie sich vor allem in der Sozialkommission um bessere Wohn- und Arbeitsbedingungen für die Künstler/-innen. Ihr von starkem Gerechtigkeitsgefühl geprägtes Handeln führte sie Ende der 1980er-Jahre zur Politik. Sie war Mitglied des Neuen Forums in Leipzig, als dessen ehrenamtliche Geschäftsführerin in Sachsen sie sich bis 1994 engagierte. Von 1994 bis 1996 war sie sächsische Landessprecherin für Bündnis 90/Die Grünen. Parallel dazu wurde sie 1991 die 2. Vorsitzende der IG Medien im Bezirksvorstand Leipzig, später im Vorstand von ver.di Sachsen. Zwischen 1992 bis 2001 war sie zudem ehrenamtliche Richterin am Landgericht Leipzig.
Auch für den Erhalt von Kulturdenkmälern setzte sie sich ein. So gehörte sie 1996 zur IG Löffelfamilie, die den Erhalt dieser so benannten historischen, unter Denkmalschutz stehenden Lichtreklame auf dem Gelände des ehemaligen VEB Feinkost Leipzig in der Karl-Liebknecht-Straße 36 ermöglichte.
In Anerkennung ihrer Leistungen wurde Gerda Viecenz 2004 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
(Bildquelle: Gerda Viecenz, 2004, Foto von Armin Kühne; mehr unter: https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/detailseite-frauenportraets/projekt/viecenz-gerda-geborene-fuchs)
Susanna Eger
Susanna Eger (geboren 1640 in Leipzig; gestorben 1713 in Leipzig) wurde 1706 bekannt als Verfasserin des „Leipziger Kochbuchs„. Als Witwe mit vier Kindern erwirtschaftete sie ihren Lebensunterhalt durch Kochen selbst. Susanna Eger repräsentiert die Herausforderungen, mit denen verwitwete Frauen im 17. Jahrhundert konfrontiert wurden.
Sie wurde während des Dreißigjährigen Krieges geboren, erlebte die Besetzung Leipzigs durch die Schweden – und auch die Wiederbelebung des geschäftlichen und gewerblichen Lebens in der Stadt. Ihr Ehemann, ein Unternehmer im mittelständischen Bereich, verstarb früh.
Die Egerin war „Küchenkundige und Kochweib“ in wohlhabenden Haushalten – bekannt für das Zubereiten von Festmahlzeiten. Durch die Veröffentlichung ihrer Rezepte konnte sie ein zusätzliches Einkommen erzielen. Obwohl sie als Witwe dem Bürgertum angehörte, zählte sie nicht zu den Wohlhabenden. Ihr Kochbuch offenbart auch ihre sparsame Haushaltsführung. Ihr „Leipziger Kochbuch“ ist eine Zusammenstellung von etwa 900 anspruchsvollen Kochrezepten; veröffentlicht erstmals im Jahr 1706. Neben den Rezepten enthält es Hinweise zur Herstellung von Wein und Bier, präzise Mengenangaben sowie Umrechnungstabellen für Münzen und Gewichte.
Das Buch war so beliebt, dass es in den Jahren 1712 und 1745 umfassend erweitert wurde.
Ihr Name wurde 2005 durch Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Leipzig an das Berufliche Schulzentrum 10 der Stadt Leipzig verliehen, in der seit 1955 Betriebswirt:innen für Hotel- und Gaststättengewerbe fortgebildet werden.
Der Internationale Kochkunst-Verein zu Leipzig 1884 e.V. ist der drittälteste aktive deutsche Verein für Köchinnen und Köche. Seit 1990 richtet dieser Verein in Kooperation mit der Susanna-Eger-Schule jährlich einen Wettbewerb für Auszubildende im Kochberuf aus, um den Susanna-Eger-Pokal zu verleihen.
Im 20./21. Jahrhundert wird die berufliche Branche der Köch:innen in Leitung und medialer Wahrnehmung in Westeuropa mehrheitlich von Männern dominiert. Um darauf hinzuweisen, dass Frauen in diesem Bereich seit Jahrhunderten ebenbürtige Arbeit leisten – und auch, um auf ungerechte Geschlechter-Verteilung im Bereich unbezahlter Care-Arbeit aufmerksam zu machen, verdient Susanne Eger die Auszeichnung der Ehrenbürger:innen-Würde der Stadt Leipzig.
https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/detailseite-frauenportraets/projekt/eger-susanna-geborene-born
„Vor diejenigen, welche schon zu einer Vollkommenheit im Kochen gelanget sind, habe ich diese Bogen nicht so aufgesetzet, sondern denen Anfängern zu Liebe zusammen getragen. Doch können auch die ersten vielleicht etwas finden, das ihnen nicht gantz unangenehm ist.“
Zitat: Susanna Eger, Vorwort zum „Leipziger Koch-Buch, welches lehret, was man auf seinen täglichen Tisch, bey Gastereyen und Hochzeiten, gutes und delicates auftragen (…), Verlag Jacob Schuster, Leipzig 1706.
(Bildquelle: Susanna Eger: Leipziger Koch-Buch, Jacob Schuster, Leipzig 1745.)
Dr. Ruth Pfau
geb. 9. September 1929 in Leipzig | gest. am 10. August 2017 in Karachi/ Pakistan
Dr. Ruth Pfau war erfolgreiche Ärztin, hochbegabte Medizinstrategin, katholische Ordensfrau und Autorin. Sie wuchs mit fünf Geschwistern auf. Ihre Kindheit wurde bald überschattet vom Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieges. Ihr kleiner Bruder erkrankte kurz nach Kriegsende und starb, weil es weder Medizin noch ärztliche Hilfe für ihn gab. Dieses Erleben bestärkte sie in ihrem Wunsch, Ärztin zu werden. Sie studierte Medizin… und fand zum christlichen Glauben. 1951 ließ sie sich taufen; 1953 konvertierte sie zur römisch-katholischen Kirche und trat 1957 dem weltweit aktiven Frauenorden FCM (Filles du Coeur de Marie) bei. Die Mitglieder tragen keine Ordenskleidung und leben nicht in Klausur. Mitten unter den Menschen üben sie ihre Berufe aus, hauptsächlich in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Erziehung.
Nach internistischer und gynäkologischer Fachausbildung wurde Ruth Pfau 1960 von ihrem Orden als Frauenärztin nach Indien entsandt. Zufällig landete sie durch einen unfreiwilligen Zwischenstopp im pakistanischen Karachi. In den Slums der Stadt traf sie auf Leprakranke. Die menschenunwürdigen Lebensbedingungen der aussätzigen Bettler:innen ließen sie bleiben.
Ihre Fürsorge galt fortan den Ärmsten der Armen. Dr. Ruth Pfau packte an und behandelte unter primitiven Bedingungen Massen von Patient:innen, bis zur eigenen Erschöpfung. Und sie begann, die medizinische Versorgung dieser Menschen strategisch zu organisieren.
Schon 1962 konnte sie das Hospital MALC errichten. Ihr Lepra-Programm wurde von dort aus systematisch auf ganz Pakistan ausgedehnt bis in unwegsame Bergregionen. Die pakistanische Regierung ernannte sie zur Beraterin des pakistanischen Gesundheitswesens im Range einer Staatssekretärin.
Noch heute arbeitet das staatlich anerkannte Lepra-Referenzhospital und baut Kapazität und Kompetenzen kontinuierlich aus… bis zu zahlreichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung.
Mehr als 50.000 an Lepra erkrankte Menschen verdanken ihre Heilung dem Wirken von Dr. Ruth Pfau. Die Rate der Neuerkrankungen in Pakistan sank infolge des engmaschigen Kontrollsystems kontinuierlich. Die WHO erklärte Pakistan 1996 zum ersten Land Südasiens, in dem die Lepra unter Kontrolle ist.
1996 wurde von der DAHW die Ruth-Pfau-Stiftung gegründet – zur langfristige Sicherung der von ihr begonnenen ganzheitlichen Programme zur Armutsbekämpfung in Pakistan.
Dr. Ruth Pfau folgte immer wieder auch Einladungen zu Vorträgen nach Deutschland und hielt ihre Erlebnisse mehreren Büchern fest. Das Wort Ruhestand war ihr fremd. Bis ins hohe Alter brachte sie sich aktiv in die Arbeit ihres pakistanischen Teams ein. Lebenslang zeichnete sie sich auch durch ihre praktische Friedens- und Menschenrechtsarbeit aus – eine weltweit hoch angesehene Brückenbauerin zwischen Kulturen und Religionen.
In Leipzig wurde 2010 u.a. das BSZ 9 – Berufliches Schulzentrum für Gesundheit und Soziales der Stadt Leipzig in Ruth-Pfau-Schule umbenannt.
„Der Mensch hat ein Recht auf Würde und Glück. Er ist nicht geboren, im Schmutz zu leben.“(in: Ruth Pfau „Das letzte Wort wird Liebe sein“, Herder Verlag 1996)
Friederike Wilhelmine Auguste Schmidt
Auguste Schmidt wurde im Jahr 1833 in Breslau geboren und trat 1861 ihre Stelle als Lehrerin für Literatur und Geschichte in Leipzig an. Ihr Vater war Artilleriehauptmann in Preußen, ihre Mutter Tochter eines Regimentsarztes. Sie wuchs in einem intellektuellen Umfeld auf, besuchte in Posen ein Lehrerinnenseminar und zeigte früh Interesse an Literatur und Sprachen. Nach bestandenen Examen im Alter von 17 Jahren arbeitete sie als Lehrerin in Posen, später an einer Privatschule in Oberschlesien. An der städtischen höheren Magdalenenschule in Breslau erhielt sie eine Anstellung als einzige wissenschaftliche Lehrerin. Mit 28 Jahren stieg Auguste Schmidt, die inzwischen das Schulvor-steherinnen-Examen erfolgreich absolviert hatte, zur Direktorin der Latzelschen höheren Privattöchterschule in Leipzig auf. Ihr Unterricht gefiel der Leiterin des Steyberschen Erziehungsinstituts (Leipzig) so gut, dass diese sie als Lehrerin für Literatur und Ästhetik einstellte. Zu ihren Schülerinnen gehörte Clara Zetkin, die sich später als Politikerin einen Namen machte.
Bei ihrer pädagogischen Arbeit wurde Auguste Schmidt von ihren verwitweten Schwestern unterstützt, mit denen sie zusammenlebte.
Ab 1864 besuchte die Journalistin und Schriftstellerin Louise Otto-Peters jeden Freitag das Haus von Auguste. Ihre inhaltlich auf gemeinsamen Schnittmengen beruhende führte am 24. Februar 1865 zur Gründung des Frauenbildungsvereins [FBV] in Leipzig. Der Verein wurde ins Leben gerufen, um die Frauenfrage zu diskutieren und sich für die Bildung von Frauen einzusetzen.
Am 7. März 1861 hielt Auguste Schmidt dort ihren wichtigen Vortrag „Leben ist Streben“. Am nächsten Tag wurde der FBV offiziell gegründet; mit Louise Otto-Peters und Ottilie von Steyber als Vorsteherinnen und Marie Zopff, Henriette Hirschel, Minna Smitt und Auguste Schmidt als Vorstands-mitgliedern. Der FBV war der erste Frauenverein, der Frauen Hilfe zur Selbsthilfe vermittelte; er bot berufsfördernde Maßnahmen, ein Büro für Abschreiberinnen, eine Bibliothek, eine Speiseanstalt mit Kochschule… und Sonntagsunterhaltung für aus den Volksschulen entlassene Mädchen.
Auguste Schmidt war ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen tätig, während sie als Lehrerin und Schulvorsteherin arbeitete. Am 8. März 1865 beschlossen Frauen des FBV, eine gesamtdeutsche Frauenkonferenz einzuberufen. Diese fand im Oktober desselben Jahres in Leipzig statt. Gegründet wurde der Allgemeine Deutsche Frauenverein [ADF]. Dieser setzte sich für den Zugang von Frauen zur Bildung und eigenständigen Erwerbsarbeit ein. 1866 hatte der ADF 75 Mitglieder; 1870 bereits über 10.000. Auguste Schmidt war eine angesehene Rednerin und engagierte sich besonders für die Verbesserung der Mädchen- und Lehrerinnen-Ausbildung. Zusätzlich war sie eine der Gründerinnen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins; vn 1894 bis 1899 Erste Vorsitzende des Bundes deutscher Frauenvereine. Nach dem Ableben von Ottilie von Steyber 1870 übernahm Auguste Schmidt die Leitung des Steyberschen Instituts als Schuldirektorin.
1892 trat sie aus gesundheitlichen Gründen von ihrem Amt zurück.
Mit der Einführung von Gymnasialkursen für Mädchen als Vorbereitung auf den Universitätszugang im Jahr 1894 erreichten sie einen bedeutenden Meilenstein. Auguste Schmidt verstarb am 10. Juni 1902.
Friederike Wilhelmine Auguste Schmidt hinterließ ein bedeutendes Erbe in der deutschen feministischen literaturwissenschaftlichen Landschaft. Für ihr Engagement in der Frauenbewegung sowie ihre Bemühungen um die Förderung von Frauen in Bildung und Beruf hätte auch sie die Ehrenbürgerinnenwürde der Stadt Leipzig verdient.
Dr. med. Margarete Blank
Die am 21.Februar 1901 in Kiew geborene Deutsch-Baltin Margarete Blank arbeitete nach ihrem Medizinstudium und ihrer Promotion an der Universität Leipzig als anerkannte Landärztin in Panitzsch.
Der Wunsch Ärztin zu werden, entsprang zweifellos ihrer tiefen humanistischen Überzeugung, Menschen zu helfen. Sie war eine der wenigen Frauen, die zu der Zeit Medizin studieren konnten – u.a. bei ihrem späteren Doktorvater, Prof. Dr. Henry Ernest Sigerist (1891-1957), Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften.
Ihre Studienergebnisse waren exzellent und auch ihre spätere Promotion absolvierte Margarete Blank mit „summa cum laude“. Ihr großes Engagement im Studium setzte sie in Praktika und Volontärtätigkeit an verschiedenen Universitätskliniken und später als approbierte Ärztin in anderen Kliniken in Leipzig und Umland als Vertretung fort.
Das alles war ab 1929 verbunden mit dem Bau eines bescheidenen Holzhauses in Panitzsch und dem Bemühen um eine Niederlassungserlaubnis. Ihre finanziellen Mittel waren in diesen Jahren sehr gering, sie war auf Unterstützung vor allem durch den Bruder angewiesen und arbeitete oft bis zur Erschöpfung. So blieb es nicht aus, dass Margarete Blank mehrfach ernsthaft erkrankte. Auch als sie als Landärztin ab 1930 in Panitzsch tätig war und der Zustrom der Patient:innen immer größer wurde, hielt sie Kontakte zu ihren Kolleg:innen und Freund:innen in Leipzig. Viele von ihnen waren oft Gast im „Pilz“, wie das Haus von Margarete Blank wegen der Dachform bis heute bezeichnet wird. Ihr Doktorvater verließ wegen der sich abzeichnenden unheilvollen Entwicklung 1932 Deutschland und schlug auch Margarete Blanck vor, eine wissenschaftliche Karriere an der Johns Hopkins University in Baltimore zu beginnen. Die Arbeit mit ihren Patient:innen ging Dr. Blank jedoch immer vor; so konnte und wollte sie den Vorschlag nicht annehmen.
Sie war erklärte Gegnerin des NS-Regimes, das sie als brutales, menschenverachtendes System ablehnte. Sie verweigerte den Hitlergruß und gehörte keiner Partei an, auch nicht dem NS-Ärztebund. Als Ärztin, Humanistin und Christin half sie ihren Patient:innen, darunter auch Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangenen über das übliche Maß hinaus mit zusätzlichen Rationen, Medikamenten und vielem mehr. Sie war unermüdlich zu jeder Tages- und Nachtzeit, besonders auch bei Bombenangriffen, unterwegs, um den Menschen Beistand und Hilfe zu leisten. Bis heute haben Dorfbewohner:innen Erinnerungen an „das kleine Fräulein Doktor“, wie Margarete Blank liebevoll von vielen bezeichnet wurde, bewahrt. Das war Widerstand in einer Zeit, in der viele Angst hatten oder gar zu Denunziant:innen wurden.
Am 08. Februar 1945 wurde die Ärztin Dr. med. Margarete Blank auf dem Schafott am Münchner Platz in Dresden als „bolschewistische Spionin und Agentin“ hingerichtet. Sie war Opfer einer Denunziation durch einen Berufskollegen geworden.
Was die Ärztin Dr. Margarete Blank geleistet hat, ist ein wertvolles Erbe und eine bleibende Verpflichtung. Sie folgte ihrem Gewissen und blieb aufrecht bis in den Tod. Damit setzte sie ein Zeichen der Hoffnung und Maßstäbe bis heute für ein friedliches Miteinander in einer von Kriegen und Konflikten geprägten Welt.